3. DAFT - Blindtest
Martin Steinthaler
Probe 1
Ich sitz also am Balkon und habe den Brief von Jörg in der Hand. Grins ! Öffnen na klar und wie. Zwei Probe Ziploc Beutel und eine Alufolie. Ich dachte schon hey Junge der wird doch wohl nichts aus Holland eingeflogen haben J . Nein nein unbegründet ist nur ein Flake.
 
Also jetzt liegen die zwei Beutel vor mir.
Probe Nr.1 ist ein schon fast broken Flake von recht dunkler Grundfarbe. Die Flakes zerfallen leicht und erinnern mich an die Konsistenz von Penzance oder Kingfischer. Die Farbtöne reichen von sehr dunkelbraun bis mittelbraun. Einige kleine aber umso schönere Streifen sehr hellen Blattgutes gibt dem Flake ein interessantes Aussehen. Er fühlt sich eher trocken an vor allem im Gegensatz zu den Virginia Flakes von McClelland oder Gawith.
Der Geruch. Joooo Man that's Latakia Man !! Und zwar genau richtig viel davon. Ein wenig Virginiavolumen im Hintergrund der den Gesamteindruck weicher macht um aber trotzdem würzig genug zu bleiben. Nachdem ich den Flake das erste Mal in der Hand hatte dachte ich sofort an Penzance. Absolutes "schon gerubbelt" Gefühl -boing-- ! Ich habe zwar den Penzance schon einige Zeit nicht mehr geraucht aber der erinnert mich schon verdammt an ihn. Na gut mal aufbereiten das Teil. Totale superschnelle Zerfalleigenschaften. Perfekt für Flakeanfänger. Wenn ein Unerfahrener zuerst einen Gawith thick Flake versucht wird er/sie wohl unter einer Stunde nicht zum Rauchen kommen. Bei Probe 1 ist das kein Thema. Leicht anfassen genügt fast schon und rein in die Pfeife (bei mir eine Stanwell Rhodesian). Relativ trocken auch beim anfassen und Stopfen. Wieder Punkt für Penzance oder Clone davon. Dann das Anzünden. Geht gut von der Hand und glimmt schön nach Zweitzündung. Ahhhhh.... Ich mag diesen Geschmack, oder besser gesagt diese Geschmackstextur. Penzance, Discovery und der Plantation Evening von Cornell & Diehl haben alle so einen ähnlichen vergleichbaren Grundgeschmack. Nur sind die Nebenempfindungen bei Penzance viel milder und etwas weicher, wohingegen der Plantation Evening schon etwas mehr reinhaut in Punkto Schärfe und Stärke (hat ja auch ein wenig Perique darin). Der Discovery kommt mir z.B. etwas rauchiger und flacher vor.
Das gemeinsame Pressen von Virginia und Latakia wie in diesem Falle hat schon sein Gutes. Ich schmecke neben dem Virginia (vielleicht 2-3 verschiedene Sorten) und dem Latakia nichts zusätzliches. Orient scheint nicht mitzumischen dazu ist er zu straight und nicht blumig genug. Überhaupt ist der Geschmack kein "reiner" Gaumenschmeichler wie ich andere Blends mit etwas Orient in Erinnerung habe. Probe 1 ist ein bisschen geradliniger aber in ihrer Art sehr eigenständig und genial. Ich möchte nicht den Eindruck erwecken Probe 1 ist eindimensional denn wenn man sie langsam raucht kommen sehr viele Nuancen der Virginias durch die absolute Spitzenklasse sind. Der Latakia überwiegt eigentlich nie außer man raucht etwas zu schnell und veranlasst den Virginia zu heiß zu verbrennen.
Der Geschmack wird mit Fortdauer des Tests immer intensiver, ein wenig schärfer und stärker. So sehr mir der Geschmack am Anfang gefällt muss ich jedoch feststellen das dieser Flake gegen Ende "etwas" verliert. Nicht das er bitter wird oder schlechter im Gaumenverhalten. Nein ganz und gar nicht er wird nur ein wenig zu üppig bzw. aufdringlich für mich. Subtil kann man mit Sicherheit bis zum zweiten Drittel sagen danach nicht mehr ! Gerade dieses verhalten kenne ich aber auch von Discovery. Also volle Verunsicherung jetzt bei mir. Welcher Flake ist es nun. Ich kenne einfach nur den Penzance und den Discovery der in der Erscheinung so ähnlich aussieht wie Probe 1. Discovery hatte ich dunkler und öliger in Erinnerung und auch ein wenig schärfer und eindimensionaler. Dieser hier ist weicher und schmeckt mir noch dazu sehr gut. Ich habe beide zu Hause und könnte einfach die Dosen öffnen. Nein mach ich natürlich nicht. Erstens wegen dem "agen" und zweitens möchte ich selber versuchen ob ich richtig oder total falsch liege.
Latakia Tabake sind nicht meine "all day" Haupttabake aber ich liebe sie in bestimmten Situationen wenn ich die Lust dazu verspüre. Probe 1 ist ein Flake für eine besondere Gelegenheit mit einem Glas Port.- oder Rotwein und in Ruhe genießen.
Die Asche die nach dem Rauchen übrig bleibt ist relativ homogen hellgrau (sehr hell). Nur ein wenig dunkle Punkte sind zu erkennen. Feucht raucht sich der Flake mit Sicherheit nicht. Die Raumnote ist gerade an der Grenze wurde mir bestätigt. Was soll's ich Rauche den Flake ja nicht wegen der Raumnote.
Nach meiner dritten Füllung in der gleichen Stanwell bleibe bei meiner Behauptung das dieser Flake der Penzance ist. Meine Notizen sagen "weich aber nur wenn ganz langsam geraucht" was ich auf die leichte Schärfe am Ende zurückführe.
Probe 1 ist gut und ich würde davon eigentlich immer gerne eine Dose zu Hause haben. Die Stimmung und Situation muss passen dann kann ich ihn als Latakia Virginia Flake mit Freude und Freunden genießen.
Bengal Slices
 
 
Probe 2
Probe 2 ist eigentlich genau das Gegenteil von Probe 1. Schnitt, Farbe, Konsistenz, Geruch etc.....
Beim ersten Öffnen des Beutels und hineinriechen dachte ich an Omis "Tutti Frutti Früchtekuchen". Na bravo also eine Aromamischung erster Güte. Das Blattgut könnte man als Virginia, sehr helle Blätter, Burley, mittelbraune etwas schwammige Blätter und Black Cavendish, ganz dunkelbraune bis schwarze Blätter definieren. Der Schnitt ist eher klein und dünn. Ca. 5-10mm lang für den Cavendish und etwas länger, ca. 20-25mm für die helleren Blätter. Die Breite ist so ähnlich bei allen Anteilen zwischen 1 und 2mm.
Die erste Geruchsprobe war für mich kaum zu identifizieren. Hm....Viel Frucht. Eventuell Kirsche bzw. Weichsel und eventuell auch eine Zitrusfrucht wie Orange. Wobei ich aber sagen muss das Orange eigentlich bei diesen Mischungen immer hineininterpretiert werden kann. Also mehr Weichsel als was anderes.
So nun zum Rauchen.
Als ich in DAFT eine Post über diesen Tabak gelesen habe indem von Seife etc. gesprochen wurde hatte ich natürlich Kniezittern. Welche arme Pfeife muss dran glauben ? Ich war gerade in Klagenfurt und meine ganzen Aromapfeifen (nur 3 LOL) sind in Graz. Also auch eine Stanwell. Die 1996 Jahrespfeife hat schon viel Cake und kann nötigenfalls geräumt werden. Beim Stopfen fiel mir das getränkte helle Blattgut auf. Der Cavendish scheint recht trocken zu sein aber die Burley's und Virginias sehen richtig gesoßt aus, kleben aber nicht.
Anzünden ist extra easy wenn man Flakes gewöhnt ist. Brennt wie Zunder das Kraut und ich musste schon nach einer Lunte suchen.
Die ersten Züge waren aber gar nicht so übel. Meine Kirsch Vermutung fand ich bestätigt und etwas Alkohol könnte auch im Spiel sein. So eine Art Kirschlikör vielleicht. Sehr süß und extra fruchtig. Es ist ja nicht gerade meine Art von Lieblingstabak aber der Geschmack bei den ersten 10 Zügen kann einem ein gutes Dessert sein. Viele Einsteiger rauchen solche Blends. Ich hab ja auch mit dieser Art von Tabak meine ersten Versuche gemacht.
Nach etwa 15 Minuten sind die ersten Eindrücke vorbei und nun beginnt das bittere Ende. Ein maßgeblicher Punkt warum ich diese Aromatabake nicht so gerne mag, ist daß sie sich mit ihren Versprechungen nach zu kurzer Zeit verabschieden. Der anfängliche Geschmack ändert sich immer mehr. Tabak ist ja sowieso kaum zu schmecken und der zugesetzte Zucker hat noch dazu die Tendenz die Pfeife und den Rauch heiß werden zu lassen. Bitter wird's zwar nie aber für mich zu klebrig und zu flach. Verbrannter Zucker mit künstlichem Weichselaroma das ich nur aus den artificial Magermilch Drinks kenne. Das Brennverhalten ist schon fast kritisch je länger man raucht. Virginias können scharf auf der Zunge sein aber wenn man langsam raucht dann hat man sie im Griff. Wenn man jedoch diesen Tabak langsam raucht wird er auch nicht weniger aggressiv und brennt immer noch. Das ist IMO jedoch eher der zugesetzte Zucker als die Tabakqualität selbst denn sonst könnte man ihn etwas zähmen. Zu all dem kommt mit Fortdauer des Tests noch der angesprochene Seifenunterton hinzu. Ich hab keine Ahnung was das ist aber wahrscheinlich einer der Aromaträger der bei der Verbrennung mit einem Tabak reagiert. Extrem viel davon ist nicht zu schmecken aber er ist da. Nach drei Füllungen kann ich zusammenfassen. Ich glaube es handelt sich um eine mit Kirsch bzw. Weichsel und eventuell zusätzlichen Früchten aromatisierte Mischung aus Burley, Virginia und Black Cavendish. Das Flavour ist zusätzlich mit Zucker unterstützt und gibt die ersten 10 Minuten einen frischen spritzigen Eindruck. Danach flacht das Flavour ab und ein wenig Seife (wie Ammoniak) kommt hinzu. Tendenz zum heiß werden von Pfeife und Rauch. Die Asche ist hell bis mittelgrau mit hellen und dunklen Spots. Obwohl nicht meine Geschmacksrichtung versuche ich diesem Tabak was abzugewinnen. Schaffs aber eigentlich nicht. Die Mischer oder Blender brachten es hier nicht zuwege einen Tabak zu erstellen die anhaltend frisch, spritzig fruchtig ist. Mehr Schein als Sein.
Würde ich nicht kaufen, da gibt's viel bessere Desserttabake für den süßen Hunger.
MacBaren : The Solent Mixture
 
 
Probe 3
Der Virginia Flake. Oh ja da kommt Freude auf denn das ist eigentlich meine Lieblingstabakrichtung. Virginia Flakes von hell bis dunkel, geaged oder frisch, stark oder schwach, mit Flavour oder ohne, Plugs, Ropes, dick oder dünn, etc...
Nun schau ich also den Flake mal genauer an. Relativ helle Farbe. So in Richtung von Best Brown oder Larsens Old Belt oder MacBarren's Virginia Flake. Sehr helle Zitronen Virginias mit etwas dunkleren und schön braunen Blättern. Keine dunklen Anteile die auf Dampfbehandlung (stoving) hinweisen.
Der Geruch ist nicht ganz so zurückhaltend. Ein leichter Honigduft und etwas spritziges zitroniges ist wahrnehmbar und ein ganz klein wenig Heuduft. Scheint aber außer einem leichten Honigflavour keine zusätzlichen Beigaben zu haben. Na ja mal sehen ob der auch so schmeckt. Ich hole mir die Ser Jacopo Picta #1 heraus und stopfe. Leicht zwischen den Handflächen ausgerubbt. Der Flake ist gerade richtig feucht bzw. trocken und zerfällt teilweise in längliche dünne Streifen. Der Schnitt der Flakes ist nur ca. 1-1,5mm dick und sehr gleichmäßig.
Das Anzünden ist bei dieser geringen Feuchte sehr einfach. Der Tabak brennt sofort und nach dem Nachzünden habe ich eine gute Glut. Aha.... Virginia hell nur leicht gepresst und nicht sehr lange, wenn überhaupt, bei Hitze in der Presse gelassen. Honig und ein Hauch Vanille bzw. fast zitrusfruchtiges glaube ich zu schmecken. Die Süße scheint recht natürlich zu sein und maximal durch den Honig unterstütz. Irgendetwas ist noch dabei. Ich dachte zuerst es könnte ein reiner Virginia sein aber ich glaube auch ein wenig Burley zu schmecken. Gesehen habe ich ihn nicht aber das ist sowieso sehr schwer bei einem hellen Flake da die Tabake so gut miteinander verpresst sind. Die Schärfe oder hier besser gesagt die Würze spürt man postwendend auf der Zunge. Langsam rauchen ist angesagt.
Nun schon bei der zweiten Füllung merke ich wie der Flake wesenhaft die Virginia Vorteile demonstriert. Nach einem schärferen aggressiven Anfang wird er weicher mit Fortdauer der Pfeife intensiver. Edelherb könnte man den Geschmack auch bezeichnen wobei mir jetzt mehr und mehr ein Kaffeeähnlicher Hintergrundgeschmack auffällt den ich natürlich sofort auf den Burley schiebe. Aber wirklich nicht viel eher ganz, ganz wenig. Oder aber das Honig Vanille Aroma macht gemeinsam das ihrige. Ein bisschen zu scharf möchte ich sagen aber im Beigeschmack ganz okay. Ein wenig zu geradlinig jedoch nicht unbedingt eindimensional. Der Geschmack bleibt zwar über die ganze Pfeife gleich aber ich vermisse die Spitzen die viele Virginias haben können um das Rauchen zu einem Erlebnis zu machen. Einen Vorteil hat er aber. Er ist ein frischer spritziger Tabak IMO. Vergleichen kann ich diesen Flake schwer da ich glaube ihn noch nicht geraucht zu haben aber am ehesten erinnert er mich and ein Mittelding zwischen McBaren Virginia #1 und MacBaren Virginia Flake. Die Schärfe sagt ja zu MacBaren aber den #1 habe ich noch aggressiver und künstlich süßer in Erinnerung. Auch der Huber Virginia Honeydew ist ähnlich allerdings ohne diesen Burley Kaffee Schoko Unterton und etwas zahmer auf der Zunge.
Der Abbrand ist problemlos und die Asche ist nicht so hell wie erwartet. Mittelgrau eher was wiederum die Burley Vermutung bestätigt. Also hier mein Tipp. Virginia eventuell mit Honeydew Blattgut, eine Prise Burley und ein Honig Aroma Topping (mit Fitzelchen von Vanille). Netter Flake, etwas zu scharf vielleicht aber recht leicht und angenehm frisch im Geschmack.
John Aylesbury : Sir John's Flake Virginia
 
Von den 3 Proben würde ich.......
 
Probe 1 gerne und immer zu Hause haben für den Fall der Latkia Anfälle die mich des öfteren heimsuchen. Gut mit Rotwein und Stout bzw. Guinness......
 
Probe 2 vernichten......
 
Probe 3 etwas lagern und ihn wieder versuchen. Wenn er an Schärfe verliert könnte er sogar ein hin und wieder Flake sein. Leicht, nicht zu aufwendig zu Rauchen aber etwas eindimenisonal.....
 
Danke Jörg für die Proben und den Spaß den ich damit hatte. Ich konnte den Latakia Flake unter dem Deckmantel der Wissenschaft aus vollen Zügen genießen und sogar die Raumnotenbeurteilung herausschinden !  
Tine
 
PS: falls Probe 1 wirklich der Penzance war dann Hut ab vor der edlen Spende !!! Es war mir ein Vergnügen !!!